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Hinterfrage Redewendungen - oder verliere Mitarbeiter

Kürzlich fand ich beim Stöbern auf LinkedIN einen Beitrag zum Umgang mit Mitarbeitern und Kollegen. Er lautete "Der Schlüssel ist nur, Deine Leute so zu behandeln, wie Du behandelt werden möchtest."  Da kann ich nicht zustimmen, denn das ist nur die halbe Wahrheit, wenn nicht sogar weniger!

 

Schauen wir die zwei Kätzchen an, die gemütlich beieinander liegen und gemeinsam etwas beobachten. Wir können davon ausgehen, dass sie sich wohlfühlen... ein gutes Team! Aus der Erfahrung weiß ich, dass ich den gestreiften Tiger rechts mit einem Laserpointer zum sofortigen Spielen aktiviere, seine Freundin läßt das erstmal kalt. 

Aber, wenn sie beschmust werden möchte, kommt sie zu mir, dreht sich auf den Rücken und fordert mich auf ihren Bauch zu kraulen. Und das sehr ausgiebig. Würde ich dagegen den Bauch des Katers kraulen wollen, habe ich ein großes Problem: tiefe Kratzwunden an Händen und Armen und sofortiger Rückzug von seiner Seite. 

 

Individuelle Behandlung ist hier der Schlüssel zum Erfolg. Möchte ich spielen, spreche ich den Kater an und werde nicht enttäuscht. Wenn sie zu mir kommt, kann ich mir Oxytocin genehmigen, das Kuschelhormon (was übrigens bei Mensch und Tier ausgeschüttet wird). Es beruhigt, baut Stress ab und sie liebt es.

 

Was heißt das jetzt für die Arbeitswelt?

 

Ist eine Führungskraft intrinsisch (von innen heraus) motiviert, immer Dinge zu gestalten und zu beeinflussen, und erwartet dies von all ihren Mitarbeitern, ist das zum Scheitern verurteilt. Sie übersieht genau die Menschen, die das aus ihrer inneren Motivation heraus überhaupt nicht wollen. Mangelnde Reflexion auf die eigene Motivation führt dazu, dass die Mitarbeiter, die anders motiviert sind, als nicht effizient "abgestempelt" werden. So gehen bedauerlicherweise sehr wertvolle Talente für das Unternehmen verloren, weil diese übersehen werden. Im schlimmsten Fall geht auch der Mitarbeiter verloren.

 

Für eine Führungskraft empfiehlt es sich von Anfang an, neue Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum in unterschiedlichen Situationen zu beobachten und wahrzunehmen - was sie tun und wie sie es tun. Es gehört absolute Offenheit dazu, die Dinge anders erledigen zu lassen als man es selber tun würde. 

 

Individuelle Ansprache vs. Gießkannen Ansprache 

 

Diese Andersartigkeit individuell anzusprechen und positiv zu bewerten, vermittelt dem Mitarbeiter, dass er vom Vorgesetzten wertgeschätzt wird. Ein Motivationsfaktor, der den Mitarbeiter veranlasst, die eigenen Talente und Stärken für das Unternehmen dauerhaft einzubringen.

 

Die in Unternehmen genutzten extrinsischen Motivationsfaktoren - wie mehr Gehalt, ein größeres Auto oder andere zusätzliche Leistungen - kosten Geld und haben häufig nur eine kurzzeitige Wirkung. Die individuelle Ansprache in der Mitarbeiterführung kann in der Tat anstrengend für die Führungskraft sein, hat aber ein sehr profitables Ziel: die langfristige Selbstmotivation und Bindung der Mitarbeiter.

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Kommentare: 2
  • #1

    Michael (Mittwoch, 21 Dezember 2022 13:50)

    Guter Beitrag. Was ist ein guter Führungssti? Eine Frage, die wir uns auch immer wieder ein Lehrgängen und Seminaren stellen und sich meiner Meinung nach nicht so einfach beantworten lässt.

  • #2

    Birgit Krüger (Donnerstag, 22 Dezember 2022 08:36)

    Hallo Michael,

    besten Dank für Dein positives Feedback zum Beitrag und Deine Rückfrage!

    In meiner AEVO Ausbildung 2017 wurden folgende drei plus eins klassischen Führungsstile, der kooperative, der autoritäre, der Laissez-faire plus der situative – also der situative Einsatz der drei zuvor genannten Führungsstile – behandelt. Letzterer wurde als erstrebenswert definiert. Mein Gedanke damals: situativ, also der Situation entsprechend, ist ein Schritt in die richtige Richtung, jedoch immer noch zu wenig.

    Weitaus vielversprechender ist für mich ein Führungsstil, der einen Blick auf die individuelle Mitarbeiterpersönlichkeit legt. Wer ist die Person vor mir? Was braucht sie, um selbstmotiviert Leistung bringen zu können? Das zu sehen, kann zunächst eine echte Herausforderung sein. Denn es bedeutet am Ende des Tages auch, wenn beispielsweise alle im Team die gleiche Arbeit machen, jeden Einzelnen mit seinen Stärken zu erkennen und individuell zu behandeln.

    Eine gute Führungskraft ist für mich demnach die, die Offenheit für diese Herausforderung zeigt und Bereitschaft, eine andere Haltung für einen wertschätzenden Führungsstil einzunehmen. Oder anders, die Führungskraft wird zum Coach und setzt für Mitarbeiter individuell, sinnstiftende Impulse.